ORDEN  DER  GRAUEN  STÄBE
 
SORAJA  BALLATH
Kämmerin zu Donnerbach

Die Kämmerin stammt aus dem Weidenschen, genau gesagt aus dem Ort Anderath nahe Baliho. Als fünftes Kind der Familie waren ihre Aussichten auf dem elterlichen Hof sehr bescheiden, und im Grunde ihres Herzens hatte sie auch keine wirklichen Ambitionen, ihr Leben in einem kleinen Ort zwischen Kühen und Rüben zu fristen. In jugendlichen Jahren verließ Soraja mit dem Segen ihrer Familie das heimatliche Anderath und zog hinaus in die Welt, wo sie sich mit gelegentlichen Arbeiten ihr Brot verdiente und zugleich einige Fertigkeiten erlernte. Doch sie blieb nie länger als ein halbes Jahr an einem Ort, dann mußte sie weiter ihrem Drang in die Ferne nachgeben. Auf diese Weise bereiste sie weite Teile des Bornlandes, des nörlichen Mittelreiches und den Svellt`schen Städtebund.

In Riva schließlich beschloß sie, sich vorerst niederzulassen. Die Stadt gefiel ihr, die Nähe zum Meer. Also wollte sie hier verweilen und suchte also nach einer längerfristigen Anstellung. Diese fand sie im Hotel Blauer Kvill, wo sie als Küchenhilfe begann und sich über verschiedene Positionen hocharbeitete. Entscheidend dafür war die lebendige Freude an ihrer Arbeit, welche darauf schließen ließ, daß Soraja auch mit höheren Anforderungen würde umgehen können. In den vier Jahren, die Soraja in Riva verbrachte, lernte sie viel über die Bewirtschaftung eines Hotels, noch viel mehr aber lernte sie über die Menschen in diesem Gewerbe. Und das in jeglicher Hinsicht: Mägde, Gäste und jene, welche die Befehle gaben. In der Schankstube des Hotels traf sie immer wieder neue Gesichter und machte sich ein Vergnügen daraus, ihre Mienen und ihr Gebaren zu studieren, wie sie es auf Reisen schon öfter getan hatte.

Der Kontakt zum ODL kam nicht von ungefähr, denn Soraja gehörte zu den Menschen, die gezielt angeworben wurden. Sie erzählte gerne über ihre Reisen und war allgemein kontaktfreudig (und ist damit das genaue Gegenteil des Archivars), so daß ein Werber des ODL aufmerksam geworden war. Nachdem ihr gute Aufstiegschancen zugesagt wurden, trat sie tatsächlich dem Orden bei und diente die nächste Zeit als Informantin, wobei ihre Menschenkenntnis sehr nützlich war. Bald war sie tatsächlich in höhere Mitgliedsgrade vorgedrungen. Ihre Aufgaben erlaubten ihr sogar noch genügend Freiraum, um sich in der Fechtkunst und in anderen Dingen zu üben, wenngleich ihr die Magie auch immer noch ein Buch mit sieben Siegeln ist. Es war vor allem ihre Art mit Menschen umzugehen und deren Ambitionen zu ergründen ohne auffällige Fragen stellen zu müssen, die sie so wertvoll für den Orden machen. Und da sie auch Erfahrung als Bilanziererin vorweisen konnte, gab es keine geeignetere Kandidatin für ihren Posten. Selbst ihre definitive Unkenntnis in Fragen der Magie, konnte dies nicht in Zweifel ziehen!

Soraja selbst wähnt sich damit am Ende ihrer Ziele. Eine noch höheres Amt strebt sie nicht an, zumal sie nie mit einem derartigen Stand gerechnet hatte. Es bleibt die Zuversicht, daß ihre Entscheidung, das Elternhaus zu verlassen, richtig war und ein Anflug von Wehmut, wenn sie auf all die Jahre der Wanderschaft zurückblickt, die in der Form nun wohl vorbei sein dürften.




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Brief an den Statthalter Letzter limbischer Applicatus: 2001-04-13, Ariston C. vom Rabenstein
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